Gestern klingelte es an meiner Haustür. Davor stand ein junger Mann, der mir etwas verkaufen wollte.
Da ich in den Wochen zuvor bereits negative Erfahrungen mit ungebetenen Werbesendungen und dem Verkauf meiner Adressdaten gemacht hatte, wollte ich mit dem Mann überhaupt nicht in den Dialog gehen. Ich wollte ihn einfach nur schnell und ohne Erklärung wieder loswerden. Er hatte keine Chance bei mir.
Der Dialog, der folgte, ist für mich ein Paradebeispiel dafür, wie Akquise nicht funktioniert:
Verkäufer: Grüß Gott
Ich – bevor er weiterreden kann: Hallo. Ich habe kein Interesse und ich möchte nicht mit Ihnen reden.
Ich sehe, wie sich auf seinem Gesicht Verunsicherung breit macht.
Verkäufer: Ich komme von der Firma […………] und es geht um die Messe.
Ich: Ja, aber ich habe kein Interesse und ich möchte nicht mit Ihnen reden.
Verkäufer: Aber dann gebe ich Ihnen wenigstens unseren Flyer.
Ich: Der landet sofort im Altpapier. Und deswegen behalten Sie ihn bitte.
Verkäufer schickt sich an, das Grundstück zu verlassen und sagt noch im Gehen: Dann werfe ich Ihnen den Flyer in den Briefkasten.
Ich: Nein, das tun Sie nicht. Wenn Sie Ihre Flyer loswerden müssen, dann werfen Sie sie bitte gleich direkt in die Altpapiertonne.
Erst jetzt akzeptiert er mein Nein und geht.
Welche Möglichkeiten hätte er gehabt, mit meinem „Nein“ besser umzugehen?
Oh, tut mir leid, wenn ich Sie gestört habe. Ist es ok, wenn ich Ihnen einfach nur unseren Flyer in den Briefkasten werfe? Dann können Sie sich den in Ruhe anschauen, wenn Sie mal eine Minute haben……
Ergebnis: Mit dieser Reaktion hätte er Empathie gezeigt und trotzdem einen Versuch gestartet, sein Anliegen noch zu platzieren.
Oh, ok. Interpretiere ich es richtig, dass Sie grundsätzlich keinen Kontakt mit unserem Unternehmen wünschen?
Ergebnis: Mit dieser Reaktion hätte er zunächst den „Druck aus dem Kessel“ genommen und einen positiven Eindruck seines Unternehmens hinterlassen, das Wert auf einen korrekten Umgang mit möglichen Interessenten legt.
Au, das hört sich aber nach schlechten Erfahrungen mit Vertretern an…….. Tut mir echt leid, dass meine Kollegen so einen negativen Eindruck bei Ihnen hinterlassen haben. Was kann ich dazu beitragen, das zu ändern?
Ergebnis: Das hätte die Möglichkeit beinhaltet, dass ich mich doch noch auf ein lockeres Gespräch eingelassen und vielleicht auch meine Vorbehalte näher erklärt hätte. Vielleicht hätte sich für ihn die Möglichkeit ergeben, noch einmal einzuhaken
Durch sein ignorantes Verhalten hat er aber lediglich erreicht, dass sein Unternehmen auch zukünftig „keinen Fuß bei mir in die Tür kriegt“.
Wenn Sie auch zu den Menschen im Vertrieb gehören, die mit einem „Nein“ nicht so gut umgehen können, hilft Ihnen vielleicht die Sicht meiner Kollegin Gaby Graupner:
Ein „Nein“ ist ein Wort mit 4 Buchstaben, mehr nicht
Ein „Nein“ vom Kunden ist in Ordnung. Denn ein „Nein“ ist eine Entscheidung, keine persönliche Beleidigung. Wenn ein Kunde „Nein“ sagt, können wir ihn loslassen. Kunden sind mündige Menschen, sie sind Entscheider und ein „Nein“ ist eine klare Entscheidung. Dies bedeutet nicht, dass wir diese Adresse jetzt in den Schredder werfen, es bedeutet nur, dass unser Kunden jetzt unser Produkt nicht zu unserem Preis kaufen möchte. Dies kann in 6 Monaten ganz anders sein. Deshalb kommt die Adresse in ein Marketingsystem.
Wenn Sie sich diese Gedanken zu Eigen machen können, werden Sie schnell spüren, welcher „Druck“ von Ihnen und – das ist besonders wichtig – aus Ihren Akquise-Gesprächen genommen wird. Sie bleiben entspannt, Ihr Gehirn blockiert nicht. Das eröffnet Ihnen verschiedene Möglichkeiten, um doch noch ans Ziel zu kommen oder zumindest das Größtmögliche aus der Situation für sich herauszuziehen.
Welche Ansatzmöglichkeiten bietet Ihnen ein „Nein“ insbesondere in der Telefonakquise?
#1 Überprüfen Sie Ihren Gesprächseinstieg
Wenn Sie von Ihrem Ansprechpartner auffällig oft (Sie entwickeln ein Gefühl dafür) hören Nein, brauchen wir nicht, überprüfen Sie Ihren Gesprächseinstieg. Möglicherweise halten Sie ihn zu allgemein, um eine möglichst breite Zielgruppe anzusprechen. Grundsätzlich sollten Sie mehrere Gesprächseinstiege entwickeln, testen und die Ergebnisse statistisch auswerten.
#2 Finden Sie Informationen heraus, um Ihre Zielkunden-Definition zu schärfen
Sagt Ihr Ansprechpartner Nein, brauchen wir nicht, haken Sie ein und sagen: Ah, ich verstehe….. ich hatte über Ihr Unternehmen recherchiert (Ansprechpartner reagieren darauf meistens positiv, weil das signalisiert, dass Sie sich mit ihnen beschäftigt haben). Kunden von uns, die Ihrem Unternehmen ähnlich sind, konnten wir bei der Lösung von […………….] helfen. Bei Ihnen läuft das aber scheinbar ganz anders…..?
Halten Sie eine Pause aus und warten Sie, wie Ihr Ansprechpartner reagiert. Oft bekommen Sie so eine Menge wertvoller Informationen, die Sie für Ihr Zielkunden-Profil auswerten können.
#3 Finden Sie Informationen zu Mitbewerbern heraus
Auf die Aussage Wir arbeiten da schon mit einem Anbieter sehr lange und vertrauensvoll zusammen können Sie sagen: Ah, ich verstehe. Das ist natürlich klasse. Für meine eigene Standortbestimmung…… mit wem arbeiten Sie denn zusammen? und dann versuchen Sie durch geschicktes Hinterfragen herauszufinden, was mit dem jetzigen Geschäftspartner vielleicht nicht so gut läuft. Stellen Sie dann heraus, was Sie besser machen. Es versteht sich von selbst, dass Sie über Ihren Mitbewerber nicht negativ reden.
#4 Nehmen Sie einfach einen neuen Anlauf
Telefonakquise ist fast nie gradlinig, sprich: Anrufen, mit dem Entscheider telefonieren, positiver oder negativer Abschluß. Wenn Sie mit Ihrem Anruf nicht das gewünschte Ergebnis erzielen, können Sie z. B. nach einem gewissen zeitlichen Abstand einfach bei einem anderen Ansprechpartner im Unternehmen anrufen, der die Entscheidung ebenfalls beeinflussen kann. Oder Sie testen einen anderen Gesprächseinstieg.
Das ist ja das Wunderbare an der Akquise. Ein „Nein“ ist keine Sackgasse und nicht einer, sondern viele Wege führen zum Termin.